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Die Türken vor Wien oder in Brüssel?

Dieses Thema im Forum "Small Talk" wurde erstellt von macixus, 24. Februar 2004.

  1. graphitto

    graphitto Wanderer

    Die Trennung gibt es tatsächlich.

    Nur die »wirkliche Demokratie« würde ich so nicht stehen lassen. Die gibts m.E. nämlich nirgendwo.

    gruß
     
  2. macixus

    macixus Hofrat & Traktorist

    Eben. Und genau dieses "noch" - von dir leider in Klammern gesetzt statt mit drei Ausrufezeichen versehen - ist ein weiteres Pfund für meine Pro-Türken-in-Brüssel-"Feelings".
     
  3. maximilian

    maximilian Active Member

    Hallo!

    zu 1.) Unbedingt nachholen! Istanbul ist eine phantasische Stadt in einer wunderschönen Umgebung mit wirklich gastfreundlichen Menschen. Beim Taxifahren macht man allerdings besser die Augen zu, wenn man einen Hang zum Herzinfarkt hat...

    zu 2.) Und es ist andererseits ein Trugschluß zu glauben, das 'vereinigte Europa' sei ein 'gleichgeschaltetes Europa', in dem alle Unterschiede gnadenlos plattgemacht werden. (Auch wenn es da einige unschöne Beispiele aus der Agrarpoloitik gibt, die so etwas vermuten lassen ... der 7,5 cm Apfel läßt grüßen).
    Ob eine Verfassung auf 'westlich demokratischen' oder 'religiösen' Ansichten und Regeln fußt, spielt meiner Ansicht nach keine große Rolle und die EU könnte durchaus eine religionsbasierte Verfassung eines Mitgliedslandes verkraften, _wenn_ dieses seinen Bewohnern trotzdem die Freiheiten zugesteht, welche auch die Bürger westlicher Demokratien genießen. Dass so etwas durchaus möglich ist, zeigen nordafrikanische Länder wie z.B. Tunesien und Marokko, die in 'himmelweiter' Entfernung zu einem Gottesstaat a la Iran angesiedelt sind.

    Grüße, Maximilian
     
  4. Hodscha

    Hodscha New Member

    Meiner Meinung nach kann man aber die Türkei nicht mit den Staaten, wie z.B. Iran, vergleichen.
    Auch die Türkei ist auf dem Wege den Staat und die Religion zu trennen. Man schaue sich nur die jetztige Regierung an, wo sind dort bitte schön eine islamische Politik zu erkennen? Haben nicht alle bei der Wahl der jetztigen Regierung aufgeschrien und vor einer Islamisierung gewarnt? Doch was ist passiert? Nichts von alledem wurde wahr. Die jetztige türkische Regierung hat und ist immer noch dabei, Reformen einzuleiten die genau dies verhindern sollen und werden.

    Ich glaube viele wissen gar nicht, dass es in der Türkei verboten ist ein Kopftuch zu tragen, wenn man an staatlichen Einrichtungen, wie Schulen, Ämtern anderen Regierungsämtern, arbeitet.

    Das mag nun wieder als contra Argument aufgefasst werden von einigen hier, aber das türkische Militär sieht sich als Nachfolger von Atatürk und achtet daher darauf, dass die Islamisten nicht einen zu großen Einfluss gewinnen können.

    Niemand muss Angst davor haben, dass aus der Türkei ein islamischer Staat wird.
     
  5. macixus

    macixus Hofrat & Traktorist

    Angst ist ein großes Wort, "Befürchtung" tuts auch und diese Befürchtung hole ich so weit gar nicht her, wenn man sich den Verlauf und das Ergebnis jüngster Wahlen in der Türkei anschaut.

    Und die "Militärs" als Wächter vor einem Rückfall in islamistische Traditionen eines "Gottesstaats" sind auch nicht gerade das, was bei uns als Prüfstempel demokratischer Freiheiten hervorzuheben ist...
     
  6. Hodscha

    Hodscha New Member

    Man könnte jetzt abschweifen und dann fragen, wieso dann "demokratische Staaten" Soldaten in andere Länder schicken um dort die Demokratie durchzusetzen?
    Aber das gehört jetzt nicht zum Thema.

    Ich wollte dir ja nur deine Befürchtungen vor einem Rückfall in den Islam nehmen :D
    Aber es stimmt schon. Allerdings kann man da entgegen halten, dass so ein Wandel zu einer funktionierenden Demokratie, nach unseren Maßstäben, unterstützt wird und auch immer weiter fortgeführt wird.
     
  7. graphitto

    graphitto Wanderer

    @maximilian
    Zu1) Werde ich tun, wenn ich Europa ganz erkundet hab. ;-)

    Zu2) Das ist ja meine Rede. Ob allerdings die europäischen Regierungen und ihre Völker in der Lage sein werden, eine solche »andere« Verfassung zu respektieren, ist auch eine interessante Frage.
    Wichtig scheint mir auch, das die Vorstellungen von Regierungsformen auseinandergehen mögen, ein gemeinsamer Standpunkt in Sachen persönliche Freiheit aber schon bestehen sollte.

    @akiem
    OK, ich erklärs dir:
    Wenn du ein deutscher, arbeitsloser Programmierer über 40 wärest, und die Chance hättest in der Türkei einen, nach deinen Vorstellungen, gut bezahlten Job zu finden, wäre das Auswandern eine denkbare Möglichkeit. Wenn du dich dann noch mit den Sitten und Gebräuchen des Gastlandes anfreunden kannst, wird die Möglichkeit schon greifbarer.
    Und wenn es in der Türkei sogar noch eine starke deutsche Kolonie gäbe, so daß du gar nicht unbedingt anpassen mußt, ist der Rest ganz leicht.

    gruß
     
  8. graphitto

    graphitto Wanderer

    Hm, was wohl wollte mich der Dichter damit fragen?

    gruß
     
  9. maximilian

    maximilian Active Member

    Hallo!

    Zu 1.) Was die anderen Europäischen Regierungen angeht, würde ich mir überwiegend keine Sorgen machen: Vor allem Frankreich und Großbritannien sind uns (sowohl zahlen- als auch integrationsmäßig) durchaus ebenbürtig was die 'real existierende multikulturelle Gesellschaft' angeht. Und dass es keinen Menschen interessiert, was das reaktionäre Arschloch Berlusconi denkt oder will, haben Blair, Chirac und Schröder ja neulich sehr schön demonstiert. Und die Italiener werden hoffentlich auch bald wieder einen Präsidenten wählen, der besser zu ihnen passt!

    2.) Ohne das Posting zu kennen, auf das sich diese Antwort bezieht (nur die 'Ignorier-Liste' hat mich bisher vor manchem Verfahren wegen Beleidigung bewahrt :party: ) muss ich dem 40 jährigen Programmierer noch den 41-jährigen Verkehrsflugzeugführer hinzufügen, der sich dank schlecht getimter Babypause und dem 11. September in einer ähnlichen Position befindet. Diesen ruft übrigens mit schöner Regelmäßigkeit ein Türkischer Freund an, um ihn für Türkische Fluglinien zu rekrutieren... wäre die Türkei ein EU-Staat (und damit das Gschiß mit der unsicheren Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung aus der Welt), hätte sich besagter jener vielleicht länst in den Osten (oder besser: sonnigen Süden) abgesetzt!

    ciao, maximilian
     
  10. graphitto

    graphitto Wanderer

    @maximilian
    zu1) Ich meinte weniger die real existierende Multi-kulti-Gesellschaft, sondern eher die ebenso real existierenden Vorurteile und Ängste vor Veränderungen.
    Ansonsten hast du natürlich recht.

    zu2)Der Pilot ist ganz sicher ein Befürworter des Beitritts. ;-)
    Aber eine Arbeitserlaubnis für einen Piloten außerhalb der EU sollte doch eigentlich kein Problem sein. Zumindest nicht in Ländern wie Bahrein oder Singapur. Aus diesen Gegenden sind mir zumindest dort arbeitende deutsche Piloten bekannt.
    Oder weiß ich hier zuwenig über die Türkei?

    gruß
     
  11. maximilian

    maximilian Active Member

    Hallo!

    zu 1.) Länder mit Angst vor Veränderung hätten es der Schweiz gleichtun sollen und gar nicht erst der EU beitreten. Jetzt sind sie dabei, und wer A sagt, muss auch B sagen...

    zu 2.) Bestimmt! Aber vor allem weil er hofft, dass dann die ganzen Anderen den Verlockungen von 1001er Nacht folgen und dadurch zuhause wieder vernünftige Jobs frei werden ;)

    zu 3.) Zeitlich beschränkte Arbeitsbewilligungen und -vertäge zu bekommen ist im ganzen nahen Osten kein Problem; für Spezialisten sowieso nicht (egal, auf welchem Gebiet!) - aber bei sowas würde die Familie von demjenigen, von dem ich hier spreche, nicht mitmachen.
    Dafür braucht es nämlich erst die EU, dass auch die Ehefrau (die vielleicht keine gesuchte Spezialistin ist!) im Ausland arbeiten darf und das/die Kind(er) dort auch das Recht haben, eine Schule nach eigener Wahl zu besuchen, usw..

    Grüße, maximilian
     
  12. RaMa

    RaMa New Member

    keine zeit 5 seiten zu lesen, also kurz:

    gibts jetzt schon einen konsens bezüglich unserer dönerproduzierenden miteuropäer?

    ja, kommt rein!
    oder
    nein, bleibt dort wo der kümmel wächst!

    ??

    ra.ma.
     
  13. Hodscha

    Hodscha New Member

    Ja, kommt rein :party:
     
  14. graphitto

    graphitto Wanderer

    *grins*
    Sag das mal dem deutschen Stammtischler. Der erklärt dir frank und frei, das er sowieso nix mit dieser EU zu tun haben will. ;-)

    Ich glaube, diese Hoffnung trügt.

    Stimmt, das hatte ich nicht bedacht.

    @RaMa
    Konsens besteht wohl eher in der Tatsache, das es hier mal wieder einen Thread gibt, in dem man sich ernsthaft unterhalten kann, ohne das gleich rumgeflamt wird. (Hoffe ich zumindest)
    Ansonsten steht es eher 50:50.

    gruß
     
  15. Macmacfriend

    Macmacfriend Active Member

    @macixus

    <Dies in Verbindung gebracht mit einem wiedererstandenen "Islamismus" in der Türkei lässt mir das eine oder andere Resthaar hochgehen und stünde auch an der Spitze meiner "Contra"-Argumente für Türken in Brüssel. Da wären mir Türken (weit) vor Wien erheblich lieber.>

    Eigentlich müsste diese Sorge doch eher Anlass für ein "Pro" als ein "Contra" sein. Wäre die Türkei EU-Mitglied, hätte es das Aufkeimen einer radikalen Staatsreligion dort weitaus schwerer als außerhalb der EU.



    >MMF, irgendwie d'accord und dann doch wieder nicht.
    Da ist mir zuviel "Gutmenschentum" und "westliche Überheblichkeit" im Spiel, die unsere Art des demokratischen Gesellschaftsmodells zum alleinseligmachenden erklärt.<

    Es ist nun mal Fakt, dass die Demokratien, und da es hier um den EU-Beitritt geht nun einmal auch die westlichen, in Sachen Wohlstand und Freiheit ihrer Bürger zu den erfolgreicheren (wenn auch immer noch verbesserungsbedürftigen) Staatsmodellen zählen. Mit einer Diktatur, einer Monarchie oder einem Gottesstaat möchte hier wohl niemand tauschen und darum würde ich es nicht als Zeichen von Überheblichkeit ansehen, eine demokratische Staatsform wie bspw. die unsere als Vorbild für andere zu proklamieren. Dass oft viele Wege nach Rom (bzw. Brüssel) führen, ist klar, aber ich halte auch im Hinblick auf die Staatsform anderer EU-Mitgliedsstaaten den demokratischen Weg für den mit dem geringsten Bauchweh.



    >maximilian hat ja schon den Finger in unsere Wunde gelegt, aber noch nicht oft genug umgedreht: auch wir haben immer noch jede Menge Leichen im Keller, die unseren Heiligenschein nicht ganz so hell erstrahlen lassen, wie wir es gerne hätten bzw. wie andere um uns herum ihn strahlen sehen sollen.<

    Drum schrub ich zum Punkt Nordzypern-Frage als einschränkendes Gegenbeispiel "Nordirland-Frage u. a.". Natürlich kannst du unter meinem "u. a." auch sämtliche anderen Leichen unserer europäischen Geschichte und Gegenwart subsummieren. Ich wollte somit nichts und niemand freisprechen und habe es lediglich bei einem aktuelleren Beispiel bewenden lassen.
     
  16. macixus

    macixus Hofrat & Traktorist

    Meine Zehennägel gingen von der Annahme aus, dass die Tükei in absehbarer Zeit ein "Gottesstaat" wird. In diesem angenommen Fall wäre sie mir weit vor Wien lieber als hautnah in Brüssel.

    Daneben ist es fraglich, ob eine rasche Aufnahme der Türkei in die EU dieses Horror-Szenario tatsächlich dauerhaft (!) verhindern könnte...

    Für mich steht jedenfalls fest, dass eine Mitgliedschaft der Türkei in der EU "preiswerter" zu haben wäre als die Notwendigkeit eines modernen Prinz Eugen. Also auch aus ökonomischen Gründen eher ein Pro als ein Contra-Argument.
     
  17. RaMa

    RaMa New Member

    na dann drück ich beiden partein weiter die daumen,


    ra.ma.
    *dersichjetztwiederindiearbeittigert*

    ps.achja, die frittenbuden haben meist um 17 uhr personalwechsel ;-)
     
  18. Macmacfriend

    Macmacfriend Active Member

    <Meine Zehennägel gingen von der Annahme aus, dass die Tükei in absehbarer Zeit ein "Gottesstaat" wird. In diesem angenommen Fall wäre sie mir weit vor Wien lieber als hautnah in Brüssel.

    Daneben ist es fraglich, ob eine rasche Aufnahme der Türkei in die EU dieses Horror-Szenario tatsächlich dauerhaft (!) verhindern könnte... >


    Da roll dir mal keinen Zehennagel. ;) Die türkische Bevölkerung würde wohl ganz gewaltig auf die Bremse treten, wenn da einer den religiösen Rückwärtsgang mit Ziel Gottesstaat einlegen wollte. Dafür, denke ich, haben sie Wohlstand und Freiheiten ihrer (sich entwickelnden) Demokratie schon viel zu sehr schätzen gelernt - hoffe ich. :rolleyes:
     
  19. macixus

    macixus Hofrat & Traktorist

    Und hier irrst du gewaltig. Vielleicht ist das in Instanbul, zwei weiteren Großstädten und den Touristenstränden der Fall, aber nicht auf und im weiten Land. Da ist die Bewegung hin zum Gottesstaat (dank "fruchtbarer" Einflüsterungen der im "Ausland" geschulten Imams) eine gewaltige...

    Vor dem Gottesstaat hat uns (oder die Türkei) bislang die Macht der Militärs und der Einfluß des türkischen "Großkapitals" bewahrt, die beide wissen, dass der Aufstieg der Türkei vom entwickelten Entwicklungsland zur Wirtschaftsnation vorwiegend über die EU Erfolg verspricht.
     
  20. graphitto

    graphitto Wanderer

    Stimmt soweit. Dennoch wird der Weg der heutigen Türkei, zumindest nach den Nachrichten, auch in der Bevölkerung akzeptiert.
    Trotzdem, eine Aufnahme der Türkei, nur um zu verhindern, das sie vielleicht doch mal auf den Gedanken kommen, es mit einem isalmischen Staat zu versuchen, halte ich für bedenklich. Und wenig vertrauenerweckend.

    gruß
     

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