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Die Gerechtigkeit siegt

Dieses Thema im Forum "Small Talk" wurde erstellt von maximilian, 30. Juni 2008.

  1. Convenant

    Convenant Haarfestiger

    Wie geht man denn gelassen ins Gefängnis? Die Todesstrafe ist eine moralische Bankrotterklärung. Jeder der diese verhängt, stellt sich auf die gleiche Stufe wie ein ganz gewöhnlicher Triebmörder, wenn er damit seine Rachegefühle befriedigt oder auf die des Raubmörders, wenn es aus kaltem Kalkül heraus geschieht. Und da ist – außer einer Pseudolegitimation durch einen sonstwie verkrüppelten »gesunden Menschenverstand« kein Unterschied. Aber Reaktion war immer schon beliebter als Reflexion.
     
  2. edwin

    edwin New Member

    Mach ich gerne: Recht durch Unrecht zu verteidigen ist ein Widerspruch in sich!
     
  3. Snorrt

    Snorrt New Member

    Dann ist unser gesamtes Recht aber ein Unrecht. Es ist (moralisch) ungerecht, die Freiheit eines Menschen einzuschränken. Weil im Gesetz steht, dass der Gesetzgeber die Freiheit von Straftätern einschränken darf, ist es Recht. Damit wäre die Todesstrafe in Amerika deiner Argumentation nach (moralisch) richtig, nur weil sie im Gesetzbuch steht. Sehe ich aber nicht so.

    Ansonsten ist es eine subjektive (bzw. mehrheitliche) Entscheidung der jeweiligen Gesellschaft, was (moralisches) Recht ist und was nicht. Daher ja auch die Einteilung in Fair und Unfair. Es ist nicht fair, wenn ein Unschuldiger in einem Sarg ersticken muss, während dem Täter "nur" eine Gefängnisstrafe droht. Die Verhältnismässigkeit ist irgendwie schief. Damit man also moralisch gefestigt bleibt, bestraft man einen Täter weitaus niedriger, als er es gegen geltendes Recht mit seinem Opfer getan hat. Überspitzt formuliert, könnte ich ihn also auch frei lassen.

    Die Frage ist doch, was effektiv ist. (Daher bin ich gegen die Todesstrafe - sie ist nicht effektiv, es bringt anscheinend nichts, sie anzuwenden). Entgegen jeder (subjektiven) Moral. Und in einigen Punkten ist unser Rechtssystem nicht effektiv. Es ist absolut ineffektiv, wenn ein mehrfacher Vergewaltiger auf freien Fuss kommt und wieder vergewaltigt. Da stimmt was nicht.

    Aber mich würde bei aller Moral interessieren: Wie sieht denn ein moralischer Weg aus, der effektiv verhindert, dass soetwas passiert? Oder verhindert, dass wir soviele Rückfällige haben? Oder sich die Leute im Knast schon gegenseitig abmurksen?
     
  4. Convenant

    Convenant Haarfestiger

    Das ist völlig falsch. Wir alle stehen (auch wenn scheinbar immer weniger davon wissen) in einer Kulturgeschichte verankert. Aber eigentlich wird mir das alles viel zu mühsam, ich hab’ schlicht nicht die Zeit meinen Mitmenschen nebenher die Aufklärung und weitere Errungenschaften der europäischen Philosophiegeschichte nahe zu bringen. Hier muss sich schon jeder selbst bemühen. Wenn das einzige Fundament etwas Sonntagsschule, zwei Jahre Gemeinschaftskunde und ein bisschen FAZ, TAZ oder die WELT sind, worauf sich das eigene moralische und ethische Weltbild stützt, ist das sehr dürftig.

    Am lustigsten in diesem Zusammenhang ist, dass mir mal die »Erfindung« der Erkenntnistheorie angelastet wurde. Welche Ehre!
     
  5. Snorrt

    Snorrt New Member

    Na dann erblasse ich einfach mal, ob deiner weltgeschichtlichen und moralischen Überlegenheit und werde mich still trollen. :eek:)
     
  6. Convenant

    Convenant Haarfestiger

    Ein Wissen um etwas zeichnet noch niemand aus. Auch bin ich sicher nicht moralisch über- oder unterlegen. Ich hab' mich wegen meiner Zerissenheit nur viel mehr damit beschäftigt als andere.
     
  7. HirnKastl

    HirnKastl Alt-68er

    Wenn ich richtig informiert bin, wurde in dem Urteil nicht nur darauf hingewiesen, dass die aus der Folterandrohung gewonnenen Informationen keine Verwendung fanden, es wurde auch ausdrücklich betont, dass Folterandrohung rechtswidrig sei und dass die entsprechenden Polizeibeamten dafür bestraft wurden. Aus diesem Grund bekommt der Verurteilte auch kein Wiederaufnahmeverfahren.

    Von außen betrachtet ist es relativ einfach, sich zu einigen, dass Folter in jedweder Form abzulehnen sei. Es ist aber eine andere Sache, wenn man als Eltern oder ermittelnder Beamter direkt in der Situation steckt. Zu wissen, ein Mensch hat nur noch kurze Zeit zu leben und da sitzt vor einem der Täter, lächelt höhnisch und pocht auf seine Rechte... Es ist dann auch sehr schwierig zu sagen, dass man halt seine Vorschriften habe und leider nichts tun könne. Es ist eben auch nicht immer so, dass Gefolterte nur das sagen, was der Folterer hören will, wenn sie wissen, dass es nachgeprüft werden kann. Oft genug war es auch schon so, dass Gewaltanwendung oder -drohung Licht ins Dunkel brachte.

    Wenn ich verantwortlich für ein Menschenleben wäre und käme in eine solche Situation, könnte ich nicht garantieren, dass ich gewaltfrei bleibe.
     
  8. batrat

    batrat Wolpertinger

    :nicken: :nicken: :nicken:
     
  9. Convenant

    Convenant Haarfestiger

    Bestimmt hat auch die Folter in Guantanamo für viel Gutes gesorgt. Eine große Zahl gerettete Menschenleben verursacht und grausige Terroranschläge verhütet.
     
  10. HirnKastl

    HirnKastl Alt-68er

    Ich bin mir nicht sicher, ob du das ironisch meinst. Nehmen wir nur den vorliegenden Fall: der Täter führte die Polizei nach der Gewaltandrohung zu der Leiche des ermordeten Bankierssohnes - leider zu spät. Die Frage bleibt, ob er sich irgendwann hätte überreden lassen, wobei ständige Verhöre natürlich auch eine Form von Gewalt oder Folter sind. Bring mal bloß 24 Stunden in einer Einzelzelle in Untersuchungshaft zu, wobei dich alleweil irgendwelche Beamten befragen. Da muss man schon hartgesotten sein, um nicht aufzuweichen.
    Es ist einfach, durch Schwarz-Weiß-Malerei zu polarisieren. Ich könnte nicht sagen, dass ich am Ende meiner Möglichkeiten angekommen bin, wenn der Täter rationalen Argumenten oder psychologischer Taktik nicht zugänglich ist.
     
  11. edwin

    edwin New Member

    Wie ein Staat zu agieren und reagieren hat, darf mit persönlichen Empfindungen nicht verbunden sein.

    Wenn Du Dich angegriffen wühlst, reagierst Du als Mensch emotional (ist menschlich). Der Staat hat da aber darüber zu stehen. D.h., wenn ein Staat in seinem Rechtssystem das Morden verbietet, darf es selbst das Morden (Todesstrafe) auch nicht durchführen. Nebenbei: Da ich Dir den Film "die 12 Geschworenen" empfohlen habe, ist es wohl ersichtlich, dass ich eindeutig gegen die Todesstrafe bin, weil....

    Ein Staat zeigt in meinen Augen dann schwäche, wenn es genau das macht, was ein Täter auch gemacht hat. der Staat stellt sich auf eine Stufe mit dem Täter und hat damit das Recht verloren, zu richten. Ein starker Staat steht darüber und behält damit das Recht des Richtens. Dabei kommen dann Strafen heraus - keine Racheakte!

    Von daher kann man X-tausend Beispiele aufzählen, "was wäre wenn...". Es führt für mich immer wieder zum selben Ergebnis.
     
  12. Convenant

    Convenant Haarfestiger

    Ich bin hier nicht polemisch, ich denke nur logisch zu Ende. Wenn du Folter als probates Mittel betrachtest, dann stelle dich auch den Folgen.
     
  13. HirnKastl

    HirnKastl Alt-68er

    Ich denke, es kommt auf die Situation an und wie ich sie einschätze, wie groß die Verantwortung wäre. Ich würde da schon auch eine Analogie zur Notwehr sehen.
     
  14. edwin

    edwin New Member

    Ich auch nicht. Darum bin ich froh, das ich kein Polizist bin. Ich würde ziemlich oft in ein Gewissenskonflikte kommen. (Muss ich ehrlich schreiben! Ändert aber meine grundsätzliche Meinung zu diesem Thema nicht.)

    Man muss bei der ganzen Diskussion nicht vergessen, wie reagiert man als Mensch, ist es mit dem geltenden Recht vereinbar und was sind sonst die Forderungen gegenüber einem Rechtssystem. Ein gesundes Rechtssystem das nicht als Rachesystem verstanden werden will, muss ohne Emotionen bleiben. Da gehört dann auch dazu, dass Folter nicht als eine Verhörmethode anerkannt ist.

    Ich überlege mal einfach so den unerfahrenen (hoffentlich für immer) Moment, ein Folteropfer zu sein. Welche Macht über mein Leben habe ich dann noch? Doch nur, den Folterer entweder das zu sagen, was er gerade hören will (was derjenige ja ständig vorweg erzählt), oder wenn ich genügend Willenskraft habe, den Folterer für Dumm zu verkaufen (mein Leben als Gefolterter ist sowieso im Eimer). Warum soll ein gefolterter Mensch antworten? Ihm interessiert doch nur noch zweierlei: aus der Situation herauszukommen oder als scheinbarer Märtyrer zu sterben. Die vermeintliche Wahrheit spielt dabei keine Rolle mehr.
     
  15. Convenant

    Convenant Haarfestiger

    Wer diesem Druck nicht gewachsen ist, sollte keine solche Führungsposition einnehmen.
     
  16. Hop Singh

    Hop Singh New Member

    Ein gutes Urteil.
    Man kann nur hoffen, dass ein verantwortungsvoller Polizist sich durch diesen ganzen juristischen Hick Hack nicht beeinflussen läßt, und ohne Rücksicht auf seine Karriere genau so handelt wie damals Daschner.
    Man stelle sich nur vor, er hätte durch sein Handeln das Leben des Kindes gerettet, die juristischen Spitzfindigkeiten und die Strafe gegen ihn wären ihm egal gewesen.
     
  17. Convenant

    Convenant Haarfestiger

    Also Folter, wenn sie einem angezeigt erscheint.
     
  18. edwin

    edwin New Member

    :confused: :confused: :confused:
     
  19. Convenant

    Convenant Haarfestiger

    Darf man dann eigentlich nur foltern, wenn es um die Rettung von Kinderleben geht? Gibt’s ’ne Opferaltersbeschränkung? Oder tut’s die Erwachsenenrettung auch? Was ist mit Gliedmaßen, die gerettet werden können? Darf gefoltert werden um schwere Medikamentennebenwirkungen heraus zu finden?
     
  20. Hop Singh

    Hop Singh New Member

    Dieser Fall war ein extremer Ausnahmefall. Leute, die ihren Verstand nicht einschalten und sich in Extremsituationen nur an die schriftlich niedergelegten Gesetze halten, werden nix bewegen.

    Natürlich ist Folter abartig und hier zu Recht geächtet. Aber in diesem speziellen Einzelfall war die Folter(androhung) ein Mittel, ein Menschenleben zu retten.
    Sie war gegen einen besonders gemeinen Täter die allerletzte Maßnahme, wobei für mich auch noch wichtig ist, das die reale Folter wohl nicht stattgefunden hätte.
     

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