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Was heutzutage alles als Kunst gilt ??!!??

Dieses Thema im Forum "Small Talk" wurde erstellt von batrat, 7. Mai 2007.

  1. MacBelwinds

    MacBelwinds New Member

    Das ist der "Filter" oder der Feuerwall, durch den ECHTE Kunst hindurch muss. Mit anderen Worten, ein echter Künstler muss solche Kritik aushalten.
     
  2. batrat

    batrat Wolpertinger

    Hallo friedrich ! :)

    hat sich ja ziemlich entwickelt dieses mein Thema. :D

    Da will ich mich jetzt noch mal äussern:

    Die "Putzfrau" und die "Affen"- Geschichten habe ich ohne jede böse Absicht erzählt. Ich finde sie halt einfach komisch und ich denke das wirst du auch so sehen.
    Deshalb war ich so sprachlos :eek: als du ziemlich heftig geantwortet hast und da ganze als Generalangriff auf Künstler/Kunst gesehen hast.
    Das war es aber nicht :shake:

    Ich habe auch kein Problem mit Künstlern aller Art . Genau genommen muss ich sagen , dass mich mehr die überzogene Berichterstattung über solche Dinge wie die "Nackten in Mexiko" aufregt.
    Ferner finde ich es sehr eigenartig , dass die viele Menschen sich kein wirklich eigenes Urteil über ein Kunstwerk bilden , sondern sich auf das stützen , was vermeintliche Experten über einen Künstler/ein Kunstwerk zu sagen haben.
    Du hast geschrieben "Das Kunstwerk entsteht im Auge des Betrachters. "
    Kann ich so unterschreiben ! :nicken:
    Ich verstehe dann aber nicht , warum zahlreiche Experten einem die Kunstwerke erklären wollen. Das wäre doch streng genommen überflüssig. :confused:

    Falls da also noch Verärgerung auf deiner Seite ist , hoffe ich ,dass sich das jetzt aufgelöst hat. :)
     
  3. Getamac

    Getamac New Member

    Ich bin gerne mal arrogant.
    Einfach deswegen, weil ich mich wehre mal einfach prinzipiell alles als Kunst zu akzeptieren und es sich bei einem Glas Prosecco von blasierten Experten in einer abgehobenen Laudatio, die einen Abend vorher mit einem Fremdwörterbuch zusammengeschustert worden ist, antragen zu lassen.

    Versteh' mich aber nicht falsch. Ich will jetzt nicht sagen, dass Du alles willenlos als Kunst akzeptierst. Du beschäftigst Dich ganz offensichtlich sehr ernsthaft mit dem Thema und dass weiss ich sehr zu schätzen (und tut diesem Forum sehr gut, wenn ich das mal sagen darf).
    Und ich gebe Dir natürlich recht, dass es einfacher ist darüber zu streiten, ob etwas einfach gut oder schlecht ist und sich nicht lange daran zu reiben, ob es überhaupt in einer Galerie hängen, stehen oder vor sich hinstinken sollte.

    Und ich sage ja hier auch nicht, dass alle moderne Kunst Bullshit ist.
    So arrogant bin ich dann doch nicht - habe ja auch Grenzen. Aber den Einzelfall, der sich durch die Hintertür als "Kunst" hereinschleicht, den zerfleische ich zuweilen mit Genuss.

    Das ist natürlich subjektiv. Ganz gewaltig sogar. Aber vieles im Leben ist subjektiv und man möchte ja nicht immer für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen werden...

    Getamac.
     
  4. friedrich

    friedrich New Member

    Irgendeiner Kunst den Kunststaus abzusprechen, ist genauso sinnlos, wie irgendeiner Band nachzusagen, sie mache keine Musik, zu behaupten, im Schauspielhaus liefe keine Theater mehr oder zu reklären, im Kino würden keine Filme mehr gezeigt.

    Genau das tue ich aber. "Kunst" als Begriff für die bildende Kunst ist kein Qualitätsmerkmal, sondern schlicht ein Gattungsbegriff.

    Selbst letzteres ist ja diskutabel, denn unter einem gewissen Qualitätsniveau sollten die Sachen doch besser im Atelier verbleiben. Künstler geben ja nicht alles raus, was sie produzieren, haben ja also auch selbst einen Qualitätsbegriff. Wenn dann nach dem Tod das Archiv geräumt wird, wäre es besser gewesen, die Dinge vorher zu vernichten...


    Ich laufe auch immer pöbelnd durch die Museen.
    Es sei denn, sie haben wirklich nur A-Ware da.
     
  5. friedrich

    friedrich New Member

    Ich denke, der ernstzunehmendste Filter ist eher die konstruktive Kritik.
    Der wirksamste Filter ist allerdings der schon angesprochene Kusntbetrieb.
    Wenn man dem Künstler das Kunstmachen abspricht, wird er nur lachen (und das ernst meinen).
     
  6. friedrich

    friedrich New Member

    Natürlich ist das komisch, und natürlich sagen die Geschichten auch was über moderne Kunst aus. Aber was?

    Ich unterstell(t)e, Du wolltest damit unterstellen, das moderne Kunst (häufig) Müll ist und auch von Affen gemacht werden könnte. Zumindest hast Du nie explizit das Gegenteil behauptet. Und wenn ich mich jetzt bemühte, könnte ich wahrscheinlich sogar ein paar Stellen weiter vorne finden, die die o.g. Absicht belegen.

    Die Presse freut sich halt jedesmal, wenn sie unter dem Deckmantel der Kunst und Kultur ein bißchen nackte Haut oder andere Skandale zeigen können. Das damit der modernen Kunst meist ein Bärendienst erwiesen wird: tja.

    Kunst, moderne insbesondere, ist ja häufig auf den ersten Blick recht unzugänglich.
    Ein paar Hintergrundgeschichten sind manchmal ganz hilfreich, sich dem Werk zu nähern und die eine oder ander Dimension mehr darin zu erkennen. Ohne Kenntnis der konzeptionellen Idee sind manche Kunstwerke einfach nur schön, häßlich, irritierend, langweilig.
    Die Texte in den Ausstellungskatalogen sind in aller Regel allerdings ungeeignet dazu.

    Immer, wenn man Leuten, die es nicht wissen, in einem Satz erläutert, warum Beuys mit Fett und Filz gearbeitet hat, verstehen die plötzlich alles, was da vor ihnen im Museum steht und ihnen Unbehagen bereitet.

    Ich höre viel Musik, lese aber gern auch mal etwas Musikpresse, um mehr Hintergrund zu bekommen. Das ersetzt allerdings nicht das selbst schauen, das selbst hören, das selbst denken. Und vor allem nicht das selbst eine Meinung bilden.


    Dieser Post gibt keinen Anlaß zur Verärgerung ;–) aber warum nicht mal verärgert sein oder Leute verärgern. Bin gerne mal verärgert.
     
  7. Getamac

    Getamac New Member

    Dann sind wir doch meilenweit voneinander entfernt.
    Naja, kann man auch nichts machen.

    Nichts gegen den Gattungsbegriff "Kunst", aber ich nenne einen Hundehaufen ja auch nicht "Nahrung", eine Platzwunde nicht "Muttermal" und eine ansteckende Krankheit nicht "Talent".

    Aber lass mal gut sein, da werden wir uns eh nicht einig.

    Ah! Na da erkenne ich mich wieder.
    Das ist doch schon mal was. So. Und jetzt gehe ich tanzentanzentanzen.

    Getamac.
     
  8. Singer

    Singer Active Member

    Toller thread! Den habe ich jetzt erst entdeckt, da ich verreist war, und von Anfang bis Ende durchgelesen.

    Bei ein paar Begriffen, die hier teilweise wiederholt genannt wurden, wurde ich hellhörig: Handwerk, Beliebigkeit, konzeptionelle Idee.

    Für mich ist ein wichtiger Aspekt von Kunst, daß ein Künstler in der Lage ist, willkürlich zu sein. Ich meine damit, daß er die von ihm selbst gewählte Materie so virtuos beherrscht, daß er das Werk ganz seinem Willen oder seiner Idee gemäß gestalten oder hervorbringen kann. Ich erwarte von einem/einer Künstler/Künstlerin, daß er/sie sein/ihr Handwerk oder Metier beherrscht. Diese künstlerische Willkür kann Beliebigkeit sein - in dem Sinne, daß ein Meister seine Werke ganz nach Belieben gestaltet. Er ist in der Lage, das zu tun, was er will, weil er auf Grund seiner Meisterschaft das Material, für das er sich entscheidet, nach seinem Willen formt.

    Das alleine macht noch keine Kunst, ist aber für mich eine Voraussetzung. Fehlt das Vermögen zur künstlerischen Willkür, habe ich einen Stümper vor mir.

    Ich halte wenig bis nichts von Aleatorik und von action painting. Was ich da zu hören oder zu sehen bekomme, ist meiner Meinung nach das Ergebnis eines Zeugungsaktes, bei dem es auf's Ficken, aber eben nicht auf das Kind ankam - ich als Betrachter bekomme dann eine nur mehr achselzuckend in Kauf genommene Konsequenz vor die Sinne, deren durch mich sinnlich wahrnehmbare Gestalt oder Erscheinungsform belanglos ist. Die Idee des Verzichts auf bewußtes Gestalten - auf künstlerische Willkür - kann sehr gut in einem Gespräch oder Essay verdeutlicht werden; da braucht es keine wiederholte Konkretion. (Darüber hinaus hat unser Tonsatzprofessor als Treppenwitz der Kompositionsgeschichte darauf hingewiesen, daß sich strengster Serialismus von freiester Aleatorik nicht hörend unterscheiden lasse…)

    Ich empfehle dringend zur Lektüre das kleine kluge Büchlein "Die Auflösung des Kunstbegriffs" von Dieter Wellershoff.

    p.s.:

    Affentest, erster Versuch:

    [​IMG]

    :)
     
  9. friedrich

    friedrich New Member

    Hoffe, der Urlaub war gut. Wenn es denn einer war!

    Ganz Deiner Meinung. Deshalb wird das mit den Hobby-Künstlern auch so selten was. Und deshalb habe ich u.a. auch aufgehört zu malen. Virtuosität stellt sich (außer in Sonderfällen) nur durch Übung ein.

    Auch wenn es manchmal nervt, daß Künstler ihr Leben lang das Gleiche machen - wahrscheinlich kommen sie nur so an das Optimum der gewählten Thematik.

    Aber mich wundert, daß Du die Action Painters nicht mit einbeziehen magst.

    Ich persönlich finde das Ficken spannender als das Kinderkriegen. Aber das nur nebenbei.

    Ich erachte die Ergebnisse des Action Paintings, zumindest was Pollock betrifft, als das Bewegendste, was die Kunst je hervorgebracht hat. Der bewegte Herstellungsprozeß, die Bewegtheit des Künstlers beim action-painten (um nicht "malen" zu sagen) ist für mich absolut präsent. Wer ein wenig über Pollock weiß, kennt auch seinen Seelenzustand und weiß, daß er nicht nur ein wenig mit Farbe herumgehampelt hat. Ich kann da extrem viel seiner Persönlichkeit erkennen in seiner Werken, und ebenso von meiner eigenen. Wenn ich mich bildnerisch darstellen sollte, würde ich es mit seinen Mitteln tun. Ich glaube, das geht vielen so, und es spiegelt sich darin auch die Persönlichkeit des modernen Menschen. Und das macht sein Werk zu einem Schlüsselwerk des 20. Jahrhunderts.

    Die Idee des Verzichts auf bewußtes Gestalten kann natürlich per Gespräch/Essay kommuniziert werden. Aber warum ziehst zu diese beiden Ausdrucksformen der bildenden Kunst vor? Ich sehe das gleichwertig.

    Aber: Das Action Painting verzichtet nicht auf das bewußte Gestalten. Es läßt vielleicht dem Zufall viel Raum, aber das ganz bewußt. Es überläßt dem Unterbewußtsein, dem Instinkt, dem Körper bei Malen vielleicht die Hauptrolle. Aber das ist trainiert und kalkuliert.
    Die Ergebnisse sind eben nicht beliebig, ein Pollock ist nicht wiederholbar. Ein Picasso ist wesentlich einfacher zu kopieren.

    Du meinst die auch aus der Physik bekannte Theorie, daß das größtmögliche Chaos der höchstmöglichen Ordnung entspricht?

    Es ist annähernd unmöglich, komplett zufällig zu gestalten. Wer es versucht, wird das einsehen müssen. Schon die Möglichkeit, zwischen action painting und Affenkunst zu unterscheiden, weist darauf hin. Es gibt ja Künstler in Tachismus und der konkreten Malerei, die versucht haben, so zufällig wie möglich zu gestalten. Das hat nie wirklich ganz funktioniert. Aber es ist ein hehres Ziel, weil so unerreichbar.
     
  10. Schaumberger

    Schaumberger Wurschthaut, alte

    Genau das meine ich doch aber: Pollock, Rothko, Klein usw. sind doch beim besten Willen keine "Zeitgenossen" mehr? die haben etwas gemacht und ihre "Kunst" zu einer Meisterschaft entwickelt. Ich lege an Maler, die heute ähnliches versuchen andere Maßstäbe an, schließlich ist der steinige Weg der "Schöpfung" bereits ausgetreten, nur "Nachmalen" ist aber eben nur noch halb so schwer

    Es sprengt meine Vorstellungskraft wenn man sich, wie z.B. Scully 50 Jahre mit Quadraten und Rechtecken befasst. Irgendwann ist doch alle intelektuelle Auseinandersetzung vollbracht und am Ende bleibt nur noch Tapetenmalerei übrig?
    Auch bei anderen Künstlern fiel mir schon auf das sie irgendeine Technik entwickelt, oder ein Thema gefunden haben und dann wie am Fließband ein abstraktes Werk nach dem anderen produzieren. Oft mit sehr dekorativen und wohnzimmertauglichen ergebnissen, aber eben ohne jeglichen Inhalt, ähnlich einem Holzschnitzer im Schwarzwald der Nussknacker für Touristen herstellt.
    "Kunst" als Gattung zu definieren widerstrebt mir etwas weil mir das zu weit gefasst wäre: vom Seidenmalkurs der VHS bis zur Telefonkritzelei würde da ja dann alles drunter fallen.
    Ich persönlich definiere "Kunst" eher so: Vom "Handwerk", bei dem herausragend gefertigte Stücke auch für sich Kunstwerke sein können, unterscheidet sich "Kunst" durch eine inhaltliche Qualität (die handwerkliche setze ich vorraus).
    Bei vielen abstrakten Malereien der Gegenwart erkenne ich eben weder das eine noch das andere.
     
  11. friedrich

    friedrich New Member

    Der begriff der zeitgenössischen Kunst ist relativ unscharf. Ich hatte deshalb mal einen Bogen aus ein paar Beispielen der abstrakten Malerei der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gespannt, der bis in die Gegenwart reicht. Natürlich sind die Wege ziemlich ausgetreten - aber es nicht undenkbar, daß da jemand noch einen neuen Dreh findet.
    In der Abstraktion habe ich aber auch lange keine Überraschungen mehr erlebt. Allerdings habe ich auch keine jungen abstrakten Zeitgenossen parat im Moment.

    Meine auch. Das kommt mir schlimmer vor als jeder Job im Amt.


    Masche gefunden, die funktioniert, und so lange drauf herumgeritten, bis sie ausgequetscht ist. Auch Künstler sind (mehr oder weniger) Geschäftsleute.

    Wenn Du nicht sofort zuzuordnende Werke produzierst, wird es schwer mit dem Berühmtwerden. Wie in der Musikbranche auch.

    Da Kunst aber nicht in so großen Mengen hergestellt wird wie z.B. CDs und andere Konsumprodukte, kannst Du als Künstler dein Leben lang eine Masche durchziehen, ohne eine totale Marktsättigung zu erzeugen.

    Eine Grundregel im Kunstmarkt lautet außerdem "Kaufe kein untypisches Werk". Für Künstler bedeutet das natürlich "Produziere kein untypisches Werk".

    Die Vermengung von Gattungsbegriff und Qualitätsbegriff führt dazu, daß eine unendliche Anzahl an Gattungsdefinitionen entsteht. Jeder Einzelne entwickelt so seinen eigenen, subjektiven Kunstbegriff. Das ist für den Diskurs extrem unpraktisch.

    Du z.B. willst anhand einer "inhaltlichen Qualität" Kunst von Nicht-Kunst trennen. Aber wie bestimmst Du diese Qualität in einer Form, daß dabei eine allgemein haltbare Formel herauskommt? Du findest eine Idee großartig, ich banal - schon ist der Kunstbegriff in der Diskussion nicht mehr nutzbar. Und da man Begriffen ja gewisse Eigenschaften zuweist, redet man dann tatsächlich von anderen Dingen.

    Die handwerkliche Qualität setzt Du voraus - aber was, wenn es darauf überhaupt nicht ankommt (Hanne Darboven), ein naiv-dilettantisches Outfit gewollt ist (Kippenberger) oder gar kein Handwerk vonnnöten ist (Ready-mades von Duchamp). Die handwerkliche Qualität muß man für jedes Kunstwerk neu bewerten, und das macht eine Generalisierung ebenfalls unpraktikabel.

    Nenn mal ein paar Namen, das ist mir so zu abstrakt ;–)
     
  12. Singer

    Singer Active Member

    Ich sach jetz ma Cy Twombly.
     
  13. gunja

    gunja New Member

    Das also ist Cy Twombly - hoffe, dass ich den Namen richtig schreibe.

    Danke für den Tipp. Kann nämlich nicht so zu den berühmten Ausstellungen reisen, denen mit den Schlangen, nehme notgedrungen das, was am Weg liegt. Nicht dass mich solche Großereignisse nicht interessierten, aber wenn es sich ergibt, habe ich dann Bedenken, ob ich so einen Ausstellungsbesuch überhaupt verkrafte. Schlange stehen, sich durch die Massen wieder schlängeln, um einen kleinen Blick zu erhaschen. Dann muss man sich womöglich noch im Café wieder aufpäppeln, wobei man wieder Glück braucht, um ein Plätzchen, vielleicht auf einem kippligen hohen Hocker zu kriegen, wo man dann immerhin kleinen Plaudereien oder auch Querelen lauschen darf und einem die nette Kellnerin, strategisch dirigiert vom Besitzer, einen anderen Kuchen als den gewählten hinschiebt, vielleicht, wie man auf den anderen Tellern sehen kann, die man auch direkt vor der Nase hat, so dicht sind die Menschen platziert, sogar die bessere Wahl, dann taucht ein junger Mann auf im Kostüm eines Kellners und man bezahlt und ist froh, dass man nicht auch noch eine Reise finanzieren musste ... Ja, trotzdem sind solche Ausstellungen ein belebendes Ereignis, da sind die verschiedensten Menschen, die alle möglichen Strapazen ertragen der "Kunst" wegen. Bin ja froh, dass sie nicht auf die Idee kommen, sich im Normalbetrieb in ein Ausstellungsgebäude zu verirren.

    Aber zurück zu Cy Twombly. Falls du damit ein abschreckendes Exempel für Serielle Kunst oder Aleatorik setzen wolltest, ist es dir nicht gelungen. Falls du ein leuchtendes Vorbild für besessenes Üben in die Diskussion einbringen wolltest, hat es mich überzeugt. Nein, nicht alles gefällt mir. Und ob und inwiefern es nun "Kunst" ist, überlasse ich gerne den Fachleuten. Jedenfalls am Üben und der daraus sich ergebenden Professionalität fehlt es nicht.

    Nein, ich kannte ihn nicht oder ich hatte es wieder vergessen. Nicht mal die Namen, von denen, die mich beim direkten Kontakt mit den Werken beeindruckt haben, weiß ich noch alle. Wozu auch? Da gibt es ja Fachleute, die Buch führen, die ihr Geld damit verdienen, einen zu belehren.
     
  14. friedrich

    friedrich New Member

    Kann ich auch nicht viel mit anfangen, aber ein junger Zeitgenosse ist das nicht (geboren 1928).
     
  15. Singer

    Singer Active Member

    Das ist wahr!

    ;-)

    @gunja:

    Nein, natürlich brachte ich Twombly nicht als Beispiel für Serialismus oder Aleatorik; da hätte ich einen Komponisten genannt. Ich nannte ihn vielmehr im Zusammenhang mit Schaumbergers letztem posting, auf das friedrich sich bezog, als er schrieb: "Nenn mal ein paar Namen (…)"

    Deshalb hatte ich friedrichs Satz auch zitiert und der Namnesnennung vorangestellt (s. o.).
     
  16. gunja

    gunja New Member

    Das stimmt, dass er nicht mehr jung ist.

    Selber kann ich mit Pollock nicht so viel anfangen, finde es aber gut, dass er hier Anhänger hat.

    Seinen Mut und seine Innovativität schätze ich, aber das Werk spricht mich nicht an. Ob es anders wäre, wenn ich die Möglichkeit hätte, fünf seiner Werke original nebeneinander zu sehen?

    Er ist ja so bekannt, dass seinen Namen nun fast jeder kennt.
     
  17. gunja

    gunja New Member

    Es ist mir schon klar, dass du die Musik gemeint hast, aber die Sache - eine Reihe nach Regeln entwickeln oder den Zufall werken zu lassen - gibt es ja auch in der bildenden Kunst. Lasse mich aber gerne belehren.

    Meiner Ansicht nach kommt bei solcher künstlichen Kunst irgendwann der Mensch doch ins Spiel, mehr noch bei der Musik, weil sie ja von den Interpreten erst hörbar gemacht wird. Es sei denn, du meinst Computer generierte Musik.

    Da hier aber die bildende Kunst Hauptthema ist und du auch das Üben und die Fertigkeit zu vermissen scheinst, wollte ich andeuten, dass jemand wie Twombly vermutlich genau so viel "übt" wie Janssen zum Beispiel. Es war klar auch ein Quäntchen Polemik dabei, da anscheinend nur solche einen thread am Leben hält.

    Was ich meine: Weder ist es so, dass "moderne" Maler und Zeichner nicht üben, noch ist es so, dass Übung allein ein gutes Produkt garantiert. Das ist wohl das horrende Risiko, das ein "Künstler" eingeht.

    Scheue mich, dich wie den friedrich direkt zu fragen ...
     
  18. friedrich

    friedrich New Member


    Wo er sich doch schon "Singer" nennt...
     
  19. Schaumberger

    Schaumberger Wurschthaut, alte

    Da haben wir schon den ersten Punkte der mir an dem Geschäft mißfällt. Natürlich müssen Künstler verkaufen um zu leben, das ist schon immer so gewesen. Ich sehe aber nicht ein wieso die ständig reproduzierte Anwendung einer recht banalen Technik zur "Kunst" erklärt wird und der Handgeschnitzte Nussknackers zum Nippes (Nicht von dir wie ich inzwischen gelernt habe ;-).
    Oder anders: ich finde es mehr als scheinheilig über Inhalte, Emotionen, Stimmungen oder sonstige Wallungen zu philosophieren wenn das wahre Ziel des Kunstschaffens ein möglichst rentabel herzustellendes und dekoratives Wandgehänge ist. Ich habe nichts gegen solche Kunst, (hab selber was davon im Wohnzimmmer) aber ich erkenne da den zugewiesenen Status, insbesondere den der intelektuellen Auseinandersetzung schlicht nicht an.


    Nun, vielleicht kan ich es so ausdrücken: Wenn ich etwas zu kommunizieren habe dann offenbart mir die menschliche Evolution mehrer Möglichkeiten: Die Sprache, die bildende Kunst, die Musik. Je besser ich mein Medium beherrsche desto besser kann ich mich in diesem ausdrücken, insbesondere wenn es wahrlich Besonderes mittzuteilen gibt. In meinen Augen schließen sich also "Kunst" (wie ich sie definieren würde) und Dilettantismus aus.
    (Die Ready-Mades waren in meine Augen eine reine Provokation des Kunstmarkts und ein Ausloten von Grenzen –für die Zeit und zur Erforschung neuer Wege echt ok und ein völlig zurecht schnell abgeschlossener Exkurs. Wer sich würde heute ein Ideal-Standard ins Wonzimmer stellen?)

    Das ist ja das schöne, es bleibt spannend. Während allerdings Ideen nie wirklich bewertbar sein werden kann man handwerkliches sehr wohl und sehr explizit beurteilen. (Außer natürlich bei den Maler die auf Handwerk keinen Wert legen, aber mit denen kann ich, wie schon oben eben rein gar nichts anfangen.

    Menno, ich kenn doch so gut wie keine "Neuen". Mein Eindruck resultiert aus ein ein paar Austellungsbesuchen, Vernissagen, lustigen Kulturreportagen im TV und ein paar Besuchen der Abschlussasutellung der Akademie der bild. Künste in München. Letzteres ist in meine Augen ein echter Hohn. 70 Absolventen und 69 mal muss man sich abstrakte und völlig nichtssagende Großformate ansehen – ohne irgendein nennenswertes Attribut was sich aus der Masse hervorheben würde. Wie soll der Kunstmarkt denn auch anders sein wenn so gelehrt wird?
     
  20. Schaumberger

    Schaumberger Wurschthaut, alte

    Eben – die meißten unter uns könnten ein Leben lang üben und werden es nie zur Perfektion bringen da hat uns Mutter Natur die Talente ungleich verteilt. Und wenn auch lebenslanges Üben keine Früchte trägt dann sollte man es irgendwann einsehen. Wenn ich mri jetzt vorstelle "Twombly" übt, dann frage ich mich was er übt. Nachdenken? Hätte er mal lieber Philosoph werden sollen.
     

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