1. Liebe Forumsgemeinde,

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    Dies wird in den nächsten Tagen umgesetzt.

    Wir danken allen, die sich in den letzten Jahren für Hilfesuchende und auch für das Forum selbst engagiert haben.

Bravo Marcel Reich-Ranicki !!!!!

Dieses Thema im Forum "Small Talk" wurde erstellt von batrat, 12. Oktober 2008.

  1. HirnKastl

    HirnKastl Alt-68er

    Da ich seit etwa 30 Jahren vorwiegend mit Kindern und Jugendlichen zu tun habe, kann ich vor allem zu dieser Altersgruppe etwas sagen. Ich meine auch beobachtet zu haben, dass die Fähigkeit zum Verstehen etwas komplexerer Satzbauten nachgelassen hat.
    Ich kann mir jedoch durchaus vorstellen, dass du Recht hast mit dem, was du über die anderen Altersgruppen sagst.
     
  2. Convenant

    Convenant Haarfestiger

    Wer sich die Kinder stets auf Funktionalität im Beruf zurecht schreinert, muss sich doch nicht wundern, wenn das Folgen zeigt. Was zuvor mit den folgsamen Soldaten im Weltkrieg funktioniert hat – wo hatten sie nur den Gehorsam her? – das folgt auch seiner Bestimmung in zielführender Bildung. Wenn früher brave Arbeitnehmer an den Fließbändern gebraucht wurden – wieso zu kritischen Mitbürgern erziehen.

    Dazu kommt, dass wir im Umgang mit Zuwanderern und dem Zugang zur Bildung völlig versagt haben. Ich kenne einige, die behaupten, dass dieses mit Absicht geschehen ist, um billige Arbeitskräfte stets bei der Hand zu haben. So weit geh’ ich sicher nicht – aber es wurde in meinen Augen bewusst in Kauf genommen. Vielleicht aus der wirklich obskuren und beinah’ perversen Vorstellung heraus, dass Bildung eine Ressource wäre, die weniger würde, je mehr man davon nimmt. Aber was sonst soll man von einer Elite erwarten, deren Credo der Kapitalismus und die grenzenlose Freiheit des Marktes und der Mensch nur Mittel zum Zweck ist. Und der Zweck ist Geld. Und Geld ist Macht.
     
  3. HirnKastl

    HirnKastl Alt-68er

    Ich stimme dir ebenfalls zu. Hier eine kleine Kostprobe, die mein Problem illustriert:

    "Im stillen Gemach entwirft bedeutende Zirkel sinnend der Weise,
    beschleicht forschend den schaffenden Geist,
    prüft der Stoffe Gewalt, der Magneten Hassen und Lieben,
    folgt durch die Lüfte dem Klang, folgt durch den Äther dem Strahl,
    sucht das Vertraute Gesetz in des Zufalls grausenden Wundern,
    sucht den ruhenden Pol in der Erscheinungen Flucht."
    Friedrich Schiller

    Dieses Gedicht musste ich für manche Schüler "übersetzen", weil sie nichts damit anfangen konnten.
     
  4. Convenant

    Convenant Haarfestiger

    Oh, Mann! Jetzt hätt’ ich fast mein Bier* auf den Monitor gespuckt! Ich hab’ mir gerade überlegt, wie vielen hier man das nun übersetzen muss.

    :D


    *Ja, Hoppla! Is’ aber ’ne Ausnahme! Echt!
     
  5. maximilian

    maximilian Active Member

    Moin!

    Mir! Zumindest dieses Stück hier bitte: "...beschleicht forschend den schaffenden Geist...". Den Rest glaube ich verstanden zu haben, obwohl ich aus Furcht vor möglicher Blamage jetzt nicht wirklich eine Deutscharbeit drüber schreiben möchte.

    Muß aber nicht unbedingt sein, das mit der Übersetzung, Schiller habe ich sowieso noch nie gemocht. Schwobaseckl! "Er zählt die Häupter seiner Lieben, und sieh! es sind statt sechse sieben! Er zählt sie nochmals mit Bedacht. Und sieh! es sind statt sieben acht..." Was für ein Unsinn. Wie man mit sowas nur unsterblich werden kann :p

    Grüße, Maximilian
     
  6. HirnKastl

    HirnKastl Alt-68er

    Das Problem liegt darin, dass es den meisten an Vorstellungskraft gebricht, diese wenigen Zeilen, geschrieben in sehr schöner deutscher Sprache, in einen sinnvollen Zusammenhang zu bringen.
    Aber es ist im Grunde noch viel schlimmer. Schon vor vielen Jahren gab es eine Untersuchung in Amerika, die angeblich belegte, dass Schüler etwa im Alter unserer Hauptschulabgänger nicht in der Lage waren, Gebrauchsanweisungen so zu lesen, dass sie den Anweisungen folgen konnten. Ein Video half dagegen den meisten schnell auf die Sprünge. Aber auch das ist nicht neu, sagt doch ein Bild mehr als tausend Worte...
     
  7. edwin

    edwin New Member

    Das sagen sie alle. Das sei nur eine Ausnahme. Ja ja. ;)
    Ich hatte dieses "Problem" mit meinem Kaffee.
     
  8. HirnKastl

    HirnKastl Alt-68er

    Ich versuch's mal mit einem Bild von einem alten Fleetwood Mac Cover:
     

    Anhänge:

  9. maximilian

    maximilian Active Member

    Moin!

    Darüber liesse sich jetzt trefflich streiten.

    Hier liegt die Ursache des Problems darin, daß Gebrauchsanweisungen heute von genau den Menschen verfasst werden, die sie selbst nicht lesen könnten, wenn sie das jemals müssten. Aufgaben wie: "Schreib Du doch schnell noch das Handbuch dafür!" überträgt man gerne an Teammitglieder, für die man mangels Fähigkeiten/Qualifikation im Projekt keine andere Tätigkeit finden konnte.

    Grüße, Maximilian
     
  10. Convenant

    Convenant Haarfestiger


    Hättest du nun dein Sätzchen mit »… einen sinnvollen Zusammenhang anheim zu stellen« beendet, wäre ich schon wieder am Prusten.
    :D
     
  11. HirnKastl

    HirnKastl Alt-68er

    Hab ich aber nicht, sorry.:)
     
  12. HirnKastl

    HirnKastl Alt-68er

    Über Geschmack lässt sich nicht wirklich streiten.
     
  13. pewe2000

    pewe2000 New Member

    Mal wieder zurück zum eitlen Reich-Ranicki. Wäre er Gottschalk nicht so in den Arsch gekrochen, hätte ich die Aktion nicht schlecht gefunden. Weil er es aber gemacht hat, verurteile ich ihn auf der Stelle zum 5-maligen Anschauen von „Die Supernasen“, Teil 1 und 2. Das hat er nun davon!

    :augenring
     
  14. maximilian

    maximilian Active Member

    Moin!

    Worüber sonst? Über Fakten kann man nicht streiten, die muß man hinnehmen. Ausserdem, um zurück zum Thema zu kommen: Wenn man über Geschmack nicht streiten könnte, warum wohl hätten Castingshows im Fernsehen wohl so einen Erfolg? Da geht es doch genau darum.

    Grüße, Maximilian
     
  15. edwin

    edwin New Member

    RRFGS (Reich-Ranicki-Fernseh-Güte-Siegel) - was es nicht alles so gibt. :O
     
  16. Convenant

    Convenant Haarfestiger

    Ich bin nun nicht sicher, ob es in Deutschland wirklich schon einmal etwas wie eine real existierende Bildungsgerechtigkeit gegeben hat. Da bin ich wirklich ganz, ganz dolle Sozialromantiker, wenn ich meine, dass einen ansprechend nahegebrachte Bildung fast so satt machen wie einmal Chicken McNuggets. Vollgefressen wie ich nun bin, reich beschenkt an Bildung und Essen ist es für mich natürlich leicht meine Witzchen zu reißen und die Welt darüber zu belehren, dass Bildung, Geld für Kindergärten und Vorschulen, wohlausgestattete Universitäten und – jawoll! – selbst die so genannten Bummelstudenten deutlich erstrebenswerter sind als Autobahnen, Vorstadtvillas, Wochenendhäuschen und Yachthäfen.
     
  17. HirnKastl

    HirnKastl Alt-68er

    Könnte man tatsächlich über Geschmack streiten, dann hätten gerade die Castingshows keinen Erfolg, weil es kaum etwas Geschmackloseres gibt. Mit geschmacklos meine ich vor allem die Geschäftsidee, die dahinter steht: junge, hoffnungsvolle, aber auch irgendwie verblödete Menschen auszubeuten.
    Was Fakten betrifft: Heute Vormittag gab's im Deutschlandfunk eine Reportage über Indonesien. Dort sollen auf den Inseln vier Kernkraftwerke gebaut werden in einem Gebiet, das täglich leichte und manchmal auch schwere Erdbeben erlebt. Namhafte Wissenschaftler dort befürworten den Bau, weil die errechneten und gemessenen Fakten das Risiko kalkulierbar erscheinen lassen. Es gibt dort aber auch namhafte Wissenschaftler, die auf Grund gemessener und errechneter Fakten das ganze Unternehmen für verantwortungslos und unkalkulierbar halten. Die haben jetzt dort eine ziemliche Diskussion.
     
  18. maximilian

    maximilian Active Member

    Moin!

    Also ich kann das jedenfalls. Hab ich damals auf dem Schulhof gelernt, als es darum ging, ob die Beatles oder die Stones besser sind :p Und Tatsachen, über die sich streiten lässt, sind damit als Nicht-Tatsachen entlarvt. Über echte Tatsachen kann man nicht streiten.

    Und drum wiederhole ich hier und jetzt, daß ich nicht finde, daß die oben zitierte Schwabenschwuchtel von Dicherfürst schönes Deutsch schreibt. Schrieb muß es eigentlich heissen. Er hat das mit dem Schreiben ja wohl hinter sich. Und mit seiner naiven Sicht des Denkers im obigen Gedicht liegt er auch weit daneben. Schönes Deutsch, verbunden mit mit einer realistischen Sicht der Dinge, schrieb da schon eher sein Kollege "Zwar bin ich gescheiter als all die Laffen, Doktoren, Magister, Schreiber und Pfaffen" aus Frankfurt. Den sogar ich unübersetzt verstehen kann :)

    Grüße
    Maximilian

    PS: Meine Schillerabneigung rührt wohl daher, daß mir dieser Mensch (zusammen mit einigen anderen) damals im Deutschunterricht gründlich verleidet wurde. Aber sowas von dermaßen von! Daß ihnen das mit Göthen nicht gelungen ist zeugt von dessen unkaputtbar hoher Qualität.
     
  19. edwin

    edwin New Member

    Wenn eine Sprache lebt, ändert sie sich. Von alleine. Bleibt sie, wie sie ist, wird sie wohl früher als später nicht mehr mitleben können.
     
  20. edwin

    edwin New Member

    Damals hatte ich das "Vergnügen", im Deutschunterricht einige Werke verschiedener deutscher Sprachkünstler kennen lernen zu müssen. Wenn ich aber heute z.B. bei wikipedia nachlese, was das Werk sagen wollte und ich mich versuche, an den Unterricht zu erinnern, muss mich meine Erinnerung doch sehr verlassen haben. So ändern sich wohl auch die Interpretationen.
     

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