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Pressefreiheit weiter eingeschraenkt

Dieses Thema im Forum "Small Talk" wurde erstellt von Harlequin, 12. März 2003.

  1. Harlequin

    Harlequin Gast

    Haette es das GrundGesetz ausgelegt, waere es zu dieser Einschraenkung der Pressefreiheit nicht gekommen.
    Der besondere Schutz der Presse ist ein demokratisches Grundrecht, jenseits formaljuristischer Spitzfindigkeiten, genau das macht seine Qualitaet aus.

    .
     
  2. cubeATfrankfurt

    cubeATfrankfurt New Member

    Nochmal: die Pressefreiheit wurde nicht eingeschränkt. Es wurde lediglich eine Abwägung der Gewichtung einzelner Grundrechte bei deren Kollision in einem Einzelfall vorgenommen. Im Grundgesetz ist auch die Pressefreiheit -- ebenso wie alle anderen Grundrechte -- nicht so ausgestaltet, daß sie nie zurücktreten müßte, d.h. sie steht nicht über allen anderen Grundrechten.

    Man kann daher lediglich darüber streiten, ob das BVerfG im vorliegenden Fall richtig abgewägt hat.
     
  3. Harlequin

    Harlequin Gast

    Die Freiheit der Presse wurde insofern eingeschraenkt, dass der besondere Schutz der Presse gegenueber staatlichen Institutionen beschnitten wurde.
    Die Pressefreiheit steht natuerlich nicht "ueber" anderen Grundrechten, ist aber eine der wesentlichsten Saeulen dieser Grundrechte.
    Die Freiheit der Presse, wie diese bis gestern bestanden hatte, stellte ja keine Einschraenkung anderer Grundrechte dar.

    Ein wesentliches Grundrecht der Freiheit der Presse, wie diese von Buerger- und Verfassungsrechtlern international uebereinstimment formuliert wird, ist der Grundsatz, dass Presse frei ermitteln kann, ohne die Kommunikation von Quellen an staatliche Organe oder sonstige Institutionen preisgeben zu muessen.
    Dieser Grundsatz soll die Unabhaengigkeit und freie Bewegungsmoeglichkeit von Presse garantieren.
    Presse kommt im Verfassungsrecht und im Kanon der Staatsgewalten insofern eine Sonderstellung zu.


    Harlequin

    .
     
  4. cubeATfrankfurt

    cubeATfrankfurt New Member

    Natürlich ließ die Pressefreiheit, "so wie sie bis gestern bestanden hatte", in bestimmten Kollisionsfällen andere Grundrechte zurücktreten. Ich verweise dazu bspw. nur auf das Recht auf Privatsphäre, das für Personen des öffentlichen Lebens zugunsten der Pressefreiheit zurücktritt. Ebensolches gilt für viele andere Fälle.

    Natürlich muß für die Presse auch gewährleistet sein, daß sie unabhängig und ohne Beeinflussung ermitteln können muß. Es ist aber nicht richtig, daß dieser Grundsatz uneingeschränkt zu gelten hat. Auch nicht richtig ist, daß dadurch die verfassungsmäßig garantierte Pressefreiheit beschränkt wird. Es wird ein Ausgleich zwischen widerstreitenden Grundrechten erzielt.
     
  5. Harlequin

    Harlequin Gast

    Nein. Es wird ein Instrumentarium geschaffen, den besonderen Schutz der Presse, ein grundlegender Wesensmerkmal von Demokratie, angreifen zu koennen.

    Privatsphaere wird durch die Pressefreiheit nicht eingeschraenkt.
    (Sofern das durch z.B. BoulevardPresse geschieht, handelt es sich um Verstoesse, die sich nicht auf die Pressefreiheit berufen koennen.)

    Anders als Privatpersonen muessen Politiker Kritik bei Fragen von allgemeinem Interesse tolerieren. Insoweit ist der Schutz des guten Rufs mit dem Interesse an freier politischer Diskussion abzuwaegen.
    <TT>EGMR, NJW 1992, 613</TT>

    .
     
  6. cubeATfrankfurt

    cubeATfrankfurt New Member

    Eben! Wie Du richtig zitierst, wurde in der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte eine Abwägung zwischen verschiedenen Grundrechten bei einer Kollision vorgenommen, bei dem der "Schutz des guten Rufs" hinter der Pressefreiheit zurückgetreten ist. Wenn Du sagst, daß sich die Boulevard-Presse möglicherweise nicht auf die Pressefreiheit berufen könne, so sprichst Du die Frage der Eröffnung des Schutzbereiches eines Grundrechtes an. Dies ist etwas anderes als die kollisionsrechtliche Abwägung (vgl. dazu einen Kommentar oder ein Lehrbuch zum Staatsrecht).

    Vor allem wurde aber kein "Instrumentarium" geschaffen, um die Pressefreiheit angreifen zu können. Die Berechtigung der Strafverfolgungsbehörden, Verbindungsdaten zu Telefongesprächen in bestimmten Fällen herausverlangen zu können, bestand auch schon vorher. Diese Behörden sind davon ausgegangen, daß ihnen diese Möglichkeit auch bei Journalisten zusteht. Das BVerfG hat in seiner Entscheidung diese Befugnisse eingeschränkt.
     
  7. Harlequin

    Harlequin Gast

    Freiheit der Presse ist ein Grundrecht im Verfassungsrang.
    Der "Schutz des guten Rufes" hingegen ist ein aus einem Grundrecht abgeleitetes Rechtsgut, insofern rangieren beide Rechtsgueter nicht auf gleicher Ebene.

    Behoerdlichen Organen war bislang der Bespitzelungsangriff auf die Presse nicht gestatet, die Behoerden konnten bislang NICHT davon ausgehen, dass ihnen diese Moeglichkeit auch bei Journalisten zusteht.
    Diese Diskussion gab es bereits zur Debatte um den grossen Lauschangriff.
    (Haette auch sonst nicht des Ganges zum BundesverfassungsGericht bedurft)

    Grundlage hier ist das Zeugnisverweigerungsrecht der Mitarbeiter von Presse und Rundfunk
    <TT>BGBI 1975 S. 1973</TT>

    Ein Zeugnisverweigerungsrecht steht demnach in saemtlichen bundesrechtlichen Gerichtsverfahrensordnungen denjenigen Personen zu, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von periodischen Druckwerken oder Rundfunksendungen berufsmaessig mitwirken oder mitgewirkt haben.
    Inhaltlich erstreckt sich dieses Aussageverweigerungsrecht dabei zu einem auf die Person des Verfassers, Einsenders oder Gewaehrsmanns von Beitraegen und Unterlagen sowie zum anderen auf die den Presse- und Rundfunkmitarbeiten im Hinblick auf ihre Taetigkeit gemachten Mitteilungen, soweit es sich um Beitraege, Unterlagen und Mitteilungen fuer den redaktionellen Teil handelt.


    Wir Journalisten sind jedenfalls mehrheitlich der Auffassung, dass die juengste Intervention des BundesverfassungsGerichtes einen Angriff auf das Grundrecht der Freiheit der Presse darstellt und ein Instrumentarium zur Aushoehlung der Pressefreiheit.

    .
     
  8. Harlequin

    Harlequin Gast

    Das sogenannte Bundesverfassungsgericht (eigenartiger Name fuer ein Gericht in einem Land, dass gar keine Verfassung hat), hat heute die Freiheit der Presse weiter eingeschraenkt.
    Bislang stand die Presse unter besonderem Schutz, wie in Demokratien ueblich, um die Unabhaengigkeit der Presse zu schuetzen.
    Nun duerfen Telephone von Journalisten nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ueberwacht werden, wenn diese Kontakt zu einem gesuchten Straftaeter haben.

    Die Aufhebung des besonderen Schutzes der Presse gegen Lauschangriffe stellt einen massiven Eingriff in die Pressefreiheit dar.


    Harlequin

    .
     
  9. Hape

    Hape New Member

    Das ist ja wirklich ein "dicker Hund", besonders, wo gesuchter Straftäter ein seeehr dehnbarer Begriff ist !

    Wo hast'n das her ?

    ..
     
  10. Harlequin

    Harlequin Gast

    Geht gerade ueber die Ticker, muesste auch gleich bei Spiegel.de was´ kommen.

    Die Ueberwachung muss zwar richterlich angeordnet werden, das Problem ist aber natuerlich, dass die Arbeit von Journalisten, besonders in den prikaereren Faellen, immer irgendwie mit Straftaetern zu tun hat.
    Man koennte dann auch gleich alle Enthuellungsjournalisten dauerueberwachen.

    .
     
  11. Haegar

    Haegar Active Member

  12. Harlequin

    Harlequin Gast

    So langsam verdichtet sich das imperiale Bild; Hochruestung, neue Massenvernichtungswaffen, HighTech Ueberwachung, Aushebelung der UNO etc.
    Wo das im 21. Jahrhundert hinfuehrt kann man sich ausmalen.

    .
     
  13. RaMa

    RaMa New Member

    wenn die das in ösiland auch machen, geh sogar ich auf die straße, obwohl ich demos verabscheue...

    ra.ma.
     
  14. RaMa

    RaMa New Member

    &gt;&gt;gesuchter Straftäter

    was ist da dehnbar ;-))
     
  15. maiden

    maiden Lever duat us slav

    das ist so wie mit Brotaufstrich. Das ist auch ein dehnbarer Begriff.
     
  16. Hape

    Hape New Member

    Weil - wenn gewollt - man so lange sucht, bis man endlich einen Straftäter gefunden hat ...


    ..
    ;-)
     
  17. Mac-Knecht

    Mac-Knecht New Member

    Irgentwie kommt mir die Zukunft wie die Vergangenheit vor.
     
  18. cubeATfrankfurt

    cubeATfrankfurt New Member

    Vielleicht sollte man noch klarstellen -- um die Diskussion nicht in die falsche Richtung zu führen --, daß das BVerfG nicht (!) das Abhören (d.h. großen Lauschangriff) der Journalistentelefone in diesen Einzelfällen (!) für rechtmäßig erklärt hat, sondern lediglich die Auswertung von gesprächsbezogenen Informationen wie Gesprächsparter, -dauer, etc.
     
  19. RaMa

    RaMa New Member

    &gt;&gt;man so lange sucht, bis man endlich einen Straftäter gefunden hat ...

    und was ist daran jetzt falsch?
     
  20. Harlequin

    Harlequin Gast

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